Mit Multi-Provider-Management zum dynamischen Service Katalog

Mehr denn je müssen sich heutige IT-Organisationen als regelrechte Servicebroker aufstellen. Ihre Aufgabe besteht verstärkt darin, den Anforderungen aus den Fachabteilungen mit mehr und mehr zusammenspielenden Akteuren zu begegnen und die jeweils passenden IT-Services möglichst automatisiert anzubieten. Ein zentrales Instrument im Multi Provider Management ist hierbei der Service-Katalog. Mit diesem Leistungsverzeichnis der IT Organisation und deren Lieferanten, gelingt die koordinierte Interaktion zwischen IT und den Anwendern. Doch wie kann die IT-Organisation mit den jeweils passenden Partnern kosteneffiziente und doch leistungsstarke IT-Services in der benötigten Qualität auf Basis eines Service-Katalogs koordiniert anbieten?

Dynamische Leistungserbringung und -verrechnung

Ein Service-Katalog, der den Anwendern in einem Unternehmen Services und Produkte zentral bereitstellt, bringt klare Vorteile. Neben der Transparenz über die abrufbaren IT-Leistungen werden damit eine bedarfsgerechte Leistungserbringung sowie eine verursachergemäße Verrechnung ermöglicht.

Richtig eingesetzt, wird der Service-Katalog sogar zu einem strategischen Werkzeug, um die Anforderungen aus der Geschäftsstrategie mit den benötigten IT-Leistungen abzugleichen. So kann der CIO seine eigene Organisation
zielgerichtet weiterentwickeln und sich als Business Enabler positionieren.

Doch steckt der Teufel bekanntermaßen im Detail: Für den IT-Manager geht es insbesondere darum, wie die Bereitstellung der Services für den Anwender am effizientesten gelingt. Eine wichtige Rolle übernimmt hierbei das so genannte Request Fulfilment. Mit diesem Prozess definiert die IT, wie sie die Anforderungen (= Service Requests) der Anwender abwickeln.

Setzt sich beispielsweise ein IT-Service aus mehreren Komponenten zusammen, die von verschiedenen internen oder externen Dienstleistern erbracht werden, muss die eigene IT diese Bausteine aufeinander abstimmen, koordinieren und orchestrieren. Um die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen, wie beispielsweise Prozessketten sauber abzuarbeiten, benötigt die IT-Organisation eine zentrale Management-Komponente innerhalb der IT-Service-Management-Umgebung.

Der Service-Katalog als zentrales Instrument

Das Verständnis für das Unternehmen und seine Geschäftsprozesse sowie seine individuellen Strukturen und Anforderungen sind die zentralen Herausforderungen für die Realisierung eines Service-Katalogs.
IT-Organisationen sind gefordert, zu analysieren und zu planen, welche Services sie in welcher Qualität bereitstellen und im Service-Katalog beschreiben
müssen. Dabei werden auch technische Services auf Basis standardisierter Architekturbestandteile im Sinne von Service-Elementen komponiert und kombiniert (siehe Abbildung 1). Gleichzeitig muss untersucht und festgelegt werden, wie im Betrieb die Leistungen erbracht werden, um die vereinbarte Service-Qualität und Compliance zu ermöglichen.

Abbildung 1: Die IT-Organisation kombiniert als Service-Broker die unterschiedlichen Service-Elemente und bietet diese den Endanwendern in einem Service-Katalog an.

Die notwendige Komplexität der zu überprüfenden Service-Qualität im Sinne der bekannten Service Level Agreements, kurz SLA (ggfs. herleitend aus verfügbaren Operational Level Agreements / Underpinning Contracts) kann sehr stark variieren. Reicht in kleineren Organisationen eine erste Vereinbarung grober Rahmendaten wie Verfügbarkeit des Service (+KPI!) oder Erreichbarkeitszeiten eines zugehörigen Supports auf 1 – 2 Wordseiten, kann es in großen Unternehmen in der Definition ganzer Prozesse oder verschiedener Vertragsleistungen auch gut und gerne mal auf 30 Seiten und mehr kommen. Einen guten Überblick für den Einstieg bietet die Checkliste SLA/OLA im Wiki von it-processmaps. Auf dessen Basis können bestehende Rollen wie bspw. ein Service Level Manager, Service Delivery Manager oder ähnliches das gemeinsame Gespräch mit Stakeholdern aus dem Business suchen und zu den jeweiligen Services die passenden Werte der Checkliste aussondieren und letztlich abstimmen.

Kategorisierung nach Serviceklassen

Ist zu diversen IT Services eine fundierte Basis entstanden, kann im zweiten Schritt beispielsweise versucht werden, die unterschiedlichen Werte zu 3 – 5 Serviceklassen (bspw. bronze, silber, gold) zu konsolidieren und somit bei künftigen Services bereits die verfügbaren Serviceklassen und deren Kosten als standardisierte Leistung mit in den Service Katalog fließen lassen zu können.

Im Service Katalog wird ebenfalls definiert, welche Möglichkeiten den Nutzern zur Verfügung stehen, um die Services der IT zu „bestellen“. Dies kann neben den klassischen Kommunikationswegen wie Telefon und E-Mail auch ein Self- Service-Portal sein.

Hat der Anwender einen Service über die definierten Kanäle angefordert, greift die von der IT-Organisation erarbeitete Logik und es beginnt die Bereitstellung über das Request Fulfilment (siehe Abbildung 2). Die Zuweisung der neuen Aufgabe an bestimmte Gruppen stößt zunächst einen Genehmigungsprozess an. Dieser ist so flexibel definierbar, dass beispielsweise bei einer Gruppe nur eine der Personen oder alle Mitglieder ihre Genehmigung aussprechen müssen, um den Service Request freizugeben. Die Optionen für den Genehmigungsprozess lassen sich sehr granular vergeben und reichen bis zur Gewichtung einzelner Personen.

Abbildung 2: Beispiel eines Basisprozessbildes zum Request Fulfillment

Ist der Genehmigungsprozess durch einfache Zuweisung oder bei komplexeren Prozessen auch durch die mitgelieferte Workflow-Engine durchlaufen, folgen die Tasks, die die Auslieferung des bestellten Services ermöglichen. Je nach Reifegrad oder Zielsetzung des Vorhabens unterscheidet sich der Anteil der hier angebundenen Orchestrierungs- und Automatisierungsmechanismen stark. So lassen sich an dieser Stelle auch Schnittstellen zu weiteren internen oder externen Anwendungen aufrufen. Workflows, Script-Ausführungen und Web-Services wie SOAP und REST bieten vielfältige Möglichkeiten, zusätzliche Software-Systeme oder Services anzubinden.

Alle Informationen an einem Ort

Um alle Services entsprechend den gewünschten Anforderungen bereitzustellen, müssen im Prozessablauf an einer zentralen Stelle, die als Management-Knoten für den Service-Broker verstanden werden kann, alle relevanten Informationen zusammenlaufen und mit einem aktuellen Status versehen werden. Ganz wichtig für eine effiziente Gesamtlösung ist, dass auch der Status der von extern erbrachten Dienste (bspw. aus der Cloud oder Drittsystemen der Lieferanten) einsehbar ist. Außerdem ist es relevant, dass im Management-Knoten Informationen darüber zusammenlaufen, welche Anbieter die besten Konditionen bei Preis, Qualität und Quantität für einen bestimmten Service liefern (-> Vendor Performance). Auch wird dort gekennzeichnet, ob eine Bestellung bereits ausgeliefert wurde.

Mit Multi Provider Management für jeden Service den passenden Partner finden

Darüber hinaus ist für die IT-Organisation auch eine dynamische Provider-Auswahl wichtig. Eine wichtige Rolle spielen dabei das Supplier Management und das Business Relationship Management als Prozesse der IT. Ein Beispiel hierfür ist die Wahl eines Mobilfunkanbieters, der abhängig von der Region des anfragenden Anwenders ausgewählt werden soll. Die Herausforderung besteht darin, automatisch das jeweils optimale Angebot auf Basis der hinterlegten Provider-Leistungen und der Anforderungen des Anwenders zu ermitteln.

Ein einfaches Abfrageformular im Enduser Portal bzw. Frontend des eingesetzten Tools, kann schnell eine Dynamisierung des Services erreichen. Tools aktueller Marktleader im ITSM Bereich (bspw. ServiceNow) bieten hier anhand flexibler Formulare viele verschiedene Möglichkeiten. Um am obigen Beispiel zu bleiben, nehmen wir einen verfügbaren Carrierpool von weltweit 32 verschiedenen Mobilfunkanbietern zur Verfügung. Die erste Auswahl sind die benötigten Länder, in denen telefoniert wird, bspw. Auswahl (Europa / Afrika / Amerika / Asien / Australien). Werden 4 der 5 ausgewählt, sortiert das System automatisch 7 nicht passende Anbieter aus. Im zweiten Auswahlfeld wird dann der benötigte Datentarif (Volumen und Geschwindigkeit) und im dritten Feld bspw. noch das gewünschte Endgerät ausgewählt. Ggfs. ist noch direkt am User hinterlegt worden, ob er einer bestimmten Gruppe angehört, welche berechtigt ist, bspw. auch Apple Geräte zu bestellen. Am Ende bleiben idealerweise eine passende TOP 3 Anbieter zur Auswahl durch den User zur Verfügung.

Die Kundenzufriedenheit im Fokus

Mit einer hervorragenden User Experience kann die IT somit vollautomatisiert den passenden Mobilfunkanbieter zur Verfügung stellen und zunächst ohne personellen Aufwand den Nutzer selbst dazu „enablen“ das für ihn passende Produkt zu finden.

Ein anderes Auswahl- und Bewertungskriterium, um den passenden Provider zu finden, ist die Rückmeldung und Bewertung der Anwender. Mithilfe von Umfragen (= Surveys) können die Anwender automatisch nach dem Bestellprozess dazu befragt werden, wie zufrieden sie mit der Leistung waren. Diese Rückmeldung fließt in Form eines Key Performance Indicators (KPI) als Information zum jeweiligen Provider ein und kann künftig berücksichtigt werden. Zudem lassen sich weitere Kriterien, wie beispielsweise die Erfüllungsgrade, Kosten und Zuverlässigkeit eines Providers, in die Auswahl einbeziehen. Eine weitere Möglichkeit im Multi Provider Management besteht darin, mithilfe o.g. standardisierter Webschnittstellen wie REST/SOAP, den Provider ihre Aufgaben direkt im Prozess ohne Medien- oder Systembrücher weitergeben oder über neue Aufgaben informieren zu können. Im selben System melden sie die Erledigung des Requests. So lassen sich SLA-Zeiten (Service Level Agreement) der Provider hinterlegen und deren Einhaltung überprüfen.

Dienstleisterzusammenspiel beherrschen

Unternehmen benötigen also ein Werkzeug, das das Zusammenspiel unterschiedlicher Dienstleister beherrscht, um die im Service-Katalog gelisteten Services zu erbringen. In Zusammenarbeit weiterer Rollen und Funktionen wie z.B. Service-Katalog-Management, Supplier- und Contract-Management, Service-Portfolio- Management und Request Fulfilment, eröffnet sich IT-Verantwortlichen ein Weg, die eigene IT-Organisation erfolgreich als IT-Service-Broker zu positionieren.


Footage:
Die Inhalte dieses Artikels und die Abbildungen (© Materna) basieren ursprünglich auf einem Beitrag aus dem Materna Monitor 02/2016. In dieser Ausgabe habe ich zusammen mit meiner ehemaligen Kollegin Nadin Ebel zum Thema Multi-Provider-Management geschrieben.

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